Auf Nummer sicher: Beim ersten Brownbagmeeting im neuen Jahr geht es vor allem um Sicherheitsthemen. - Bild: hm/auctores
Korruption, Belästigung am Arbeitsplatz, Verletzung des Arbeitsschutzrechts: Es ist gut, wenn es Menschen gibt, denen Missstände auffallen und die in der Folge auf sie aufmerksam machen. Das Hinweisgeberschutzgesetz soll solche Whistleblower schützen. Dirk Munker von Munker Privacy Consulting erhöhte darum in seinem Vortrag bei Auctores spürbar die Sensibilität für das wichtige Thema.
Das erste Brownbagmeeting des Jahres 2024 in den Auctores-Räumen stand ganz im Zeichen gesetzlicher Vorgaben: Die internen Datenschutzschulungen waren ebenso Thema, wie Neuigkeiten aus der Seminarreihe Barrierefreiheit – und eben das Hinweisgeberschutzgesetz.
Doch warum braucht es dieses Gesetzeswerk überhaupt? Das Hinweisgeberschutzgesetz, auch bekannt als Whistleblower-Schutzgesetz, ist ein rechtlicher Rahmen, der Personen schützt, die Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben in ihrem Arbeitsumfeld melden. Ziel des Gesetzes ist es, eine Kultur der Offenheit und Transparenz zu fördern, indem es Mitarbeitern die Sicherheit gibt, Missstände ohne Angst vor Repressalien ansprechen zu können. Dies schließt eine breite Palette von Verstößen ein, darunter Betrug, Korruption, Verstöße gegen Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften, Umweltschutz und mehr.
Whistleblower wie der berühmte Edward Snowden, der die Ausspähung von US-Bürgern durch eigene Geheimdienste in weiten Teilen offenlegte, spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufdeckung und Bekämpfung von Fehlverhalten durch Organisationen. Ihre Hinweise helfen, Risiken für Mitarbeiter und Außenstehende zu minimieren, die Integrität des Unternehmens zu wahren und letztlich das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Stakeholder zu stärken. In vielen Fällen sind es eben gerade diese Insider-Informationen, ohne die schwerwiegende Missstände überhaupt nicht aufgedeckt werden könnten. Whistleblower bringen Unternehmen und Organisationen dazu, Rechenschaft abzulegen und ihre Standards zu verbessern.
Was in der Gesellschaft als wichtig, mutig, ja in manchen Fällen geradezu heldenhaft wahrgenommen wird, sehen nicht alle Unternehmen gern. Darum hat der Gesetzgeber gehandelt und Unternehmen 2023 verpflichtet, den Vorgaben eines neuen Hinweisgeberschutzgesetzes gerecht zu werden. Dafür müssen Unternehmen ein sicheres und vertrauliches Meldesystem einrichten, das es Mitarbeitern ermöglicht, Hinweise ohne Furcht vor Vergeltung zu geben. Munker betonte die Bedeutung der Anonymität und der Schutzmaßnahmen für Hinweisgeber, um eine offene Meldekultur zu fördern.
Ein effektives Hinweisgebersystem umfasst ein klares Verfahren für die Meldung von Verstößen, einschließlich mehrerer Meldekanäle, Garantien zum Schutz der Identität des Hinweisgebers, Fristen für die Rückmeldung an den Hinweisgeber über den Eingang und die Bearbeitung der Meldung, Verfahren für die interne Untersuchung der gemeldeten Verstöße und Schulungen für Mitarbeiter und Führungskräfte zum Umgang mit Hinweisen.
Sicher, Unternehmen mögen beim Hinweis auf eine neue bürokratische Anforderung erstmal stöhnen – wie jede Herausforderung birgt das sichere Meldeverfahren aber auch jede Menge Chancen. Unternehmen können so ihre Glaubwürdigkeit stärken und viel Vertrauen gewinnen. Außerdem entdecken Unternehmensleitungen so mitunter selbst Missstände, die ihnen zuvor verborgen geblieben sind, und können anschließend darauf reagieren.
Munker wies allerdings auch darauf hin, dass nicht alle Themen für das Hinweisgebersystem geeignet sind: Probleme mit den allgemeinen Arbeitsbedingungen und zwischenmenschliche Konflikte können und sollten intern gelöst werden.
Wie so oft dauerte die Verabschiedung des Gesetzes seine Zeit: Die EU-Richtlinie (EU) 2019/1937 hätte laut Bundestag bis zum 17. Dezember 2021 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Doch erst nach einer erneuten Aufforderung seitens der EU und einer Klage im Februar 2023 beim Europäischen Gerichtshof kam Bewegung in die Sache.
Gegenüber der ursprünglich vom Bundestag beschlossenen Fassung sollen im Entwurf von 2023 externe und interne Meldestellen nicht mehr dazu verpflichtet sein, Meldekanäle so zu gestalten, dass auch anonyme Meldungen abgegeben werden können. Anonyme Meldungen sollen aber weiterhin bearbeitet werden. Zudem sollen hinweisgebende Personen die Meldung bei einer internen Meldestelle bevorzugen, wenn „intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann“ und keine Repressalien befürchtet werden. Zudem soll der Bußgeldrahmen in Fällen, dass eine Meldung behindert oder Repressalien ergriffen werden, nach Beschluss des Vermittlungsausschusses 50.000 Euro statt 100.000 Euro betragen