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Digitale Verwaltung: Bürger*innen möchten online aufs Amt

Bild: F/Adobe Stock

Digitale Verwaltung: Bürger*innen möchten online aufs Amt

Mehrheit stuft eigene Kommune als digital rückständig ein

Heirat, Scheidung und Immobilienkauf: Nur noch diese drei Vorgänge kann man im Digitalisierungsvorreiter-Land Estland nicht online erledigen. Gerade einmal 16 digitale Anwendungen sind es dagegen, die der deutsche Staat seinen Bürgern im Jahr 2021 flächendeckend bietet, so der 6. Monitor digitale Verwaltung des deutschen Normenkontrollrats. Die Bürger*innen verlieren die Geduld mit der schleppenden Verwaltungsdigitalisierung: In einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom stuften 62 Prozent der Bürger*innen ihren Wohnort als digital rückständig ein, 86 Prozent forderten von ihrer Stadtverwaltung mehr Tempo bei der Digitalisierung.

Die große Mehrheit der Deutschen, 81 Prozent, wünscht sich eine digitale Verwaltung. Derzeit möchten 80 Prozent ihre Verwaltungsangelegenheiten über das Internet erledigen. Für 88 Prozent könnte es sogar noch einfacher gehen: Sie finden, dass die Beantragung, Verlängerung und Zusendung von Dokumenten automatisch ablaufen sollte. 62 Prozent der Bürgerin*innen stufen ihren Wohnort sogar als digital rückständig ein.

Einheitliches Servicekonto für den Zugriff alle digitalen Leistungen

76 Prozent würden den elektronischen Personalausweis beim Online-Amt nutzen. Ähnlich viele sprechen sich für ein einheitliches Servicekonto aus, über das man sich identifizieren und authentifizieren kann und Zugang zu allen digitalen Verwaltungsleistungen hat. Jeder Zweite würde die eigenen Stammdaten einmalig bei einer Behörde hinterlegen und erlauben, dass diese zwischen Behörden ausgetauscht und wiederverwendet werden dürfen.

Besonders digitale Angebote für Familien und Kinder stehen hoch im Kurs – von der Geburt bis zur Ausbildung. 56 Prozent würden gerne Familienleistungen online beantragen, ähnlich viele die Geburtsurkunde und -bescheinigung. Darüber hinaus würden jeweils 94 Prozent ein zentrales Anmeldeportal für Kindergärten und Schulen sowie einen automatischen Vorschlag für einen Kitaplatz gutheißen. Für die Schulen wünschen sich 98 Prozent eine gute IT-Ausstattung und 88 Prozent ein digitales Schwerpunktprogramm an ihrem Wohnort.

Fristgerechte Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes kaum zu schaffen

Bis Ende 2022 sollen gemäß Onlinezugangsgesetz alle 575 Verwaltungsleistungen bundesweit digital verfügbar sein. 314 werden gegenwärtig aktiv bearbeitet, davon befinden sich 115 in der Planungs- und 199 in der Umsetzungsphase. Die fristgerechte Umsetzung des OZG sehen knapp zwei Drittel der Deutschen scheitern. Bitkom spricht sich dafür aus, über das OZG hinaus ein Verwaltungszukunftsgesetz auf den Weg zu bringen. Dieses soll die Digitalisierung der verwaltungsinternen Verfahren und Prozesse voranbringen. Das Potenzial digitaler Verwaltungsdienstleistungen könne sich erst dann voll entfalten, wenn die internen Prozesse digital durchgängig seien, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.

Katastrophenwarnungen per Smartphone gewünscht

Auf großes Interesse bei den Bürger*innen stoßen digitale Sicherheitskonzepte: So wünschen sich 96 Prozent der Befragten Katastrophenwarnungen, etwa bei schweren Unwettern, von den Behörden via Smartphone. Aber auch bei der örtlichen Sicherheit zeigen sich viele offen: Bodycams, also am Körper getragene Videokameras, befürworten 86 Prozent bei der Feuerwehr und 82 Prozent bei der Polizei. Vier von fünf sprechen sich für eine datenschutzkonforme Videoüberwachung an öffentlichen Orten aus. Im Kontext von Straftaten im öffentlichen Raum scheint die Überwachung öffentlich zugänglicher Stellen immer mehr Befürworter*innen zu gewinnen. Es gibt jedoch auch viele Gegenargumente, wie zum Beispiel das Missbrauchspotenzial. Das Medium netzpolitik.org informiert kritisch zum Thema Videoüberwachung.

Stadt und Land stehen vor großen Herausforderungen – bei denen die Digitalisierung unterstützen kann. 88 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass Städte und Gemeinden ihre Digitalisierung vorantreiben müssen, um nicht abgehängt zu werden. Und für 79 Prozent ist klar: Die Digitalisierung helfe dabei, gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu schaffen.

Im städtischen Raum sehen die Bürger*innen vor allem in verbesserten Bildungsangeboten für Kinder, neuen Mobilitäts- und Verkehrskonzepten sowie in der Erhöhung der öffentlichen Sicherheit die größten Chancen. Fast zwei Drittel der Befragten gehen davon aus, dass durch die Digitalisierung die Verwaltungen entlastet und die Umweltbelastung reduziert würde.

Digitale Verwaltung wird zum internationalen Standortfaktor

Auch in ländlichen Regionen erhoffen sich 81 Prozent der Befragten durch die Digitalisierung bessere Bildungsangebote für Kinder. Weitere Vorteile sehen die Befragten in der gesteigerten Attraktivität des ländlichen Raums als Lebens- und Arbeitsort und für Unternehmen sowie in einer besseren medizinischen Versorgung. Zwei Drittel erwarten, dass die Arbeit der Kommunalverwaltungen entlastet wird.

„Eine digitale, innovative Verwaltung ist ein internationaler Standortfaktor. Es ist schwer vorstellbar, dass die innovativsten und zukunftsträchtigsten Geschäftsmodelle der nächsten Jahre in Staaten entstehen, die bei der Verwaltungsdigitalisierung den Anschluss verloren haben“, mit diesen Worten unterstreicht Rohleder, die Forderung des Bitkom, die digitale Verwaltung nun mit Hochdruck voranzutreiben.

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