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Barrierefreiheitserklärung: Stichtag 23. September

Barrierefreiheit ist für Websites öffentlicher Stellen Pflicht - Bild: andranik123/adobe stock

Barrierefreiheitserklärung: Stichtag 23. September

Barrierefreier Webauftritt Pflicht auch für Städte und Gemeinden

Bereits seit dem 22.12.2016 gilt der European Accessibility Act, der alle öffentlichen Stellen in den EU-Ländern verpflichtet, die Richtlinie für digitale Barrierefreiheit umzusetzen. Mittlerweile sind eine Reihe von Fristen dafür abgelaufen. Spätestens zum 23. September 2020 müssen Behörden und öffentliche Einrichtungen auf Bundes- und Landesebene bis hinunter zu Landkreisen, Städten und Gemeinden nun eine Erklärung zur Barrierefreiheit ihrer Webauftritte veröffentlichen. Viele betroffene Stellen sind damit sogar zu spät dran, weil sie bereits seit September 2019 dazu verpflichtet gewesen wären.

Der Grund dafür sind die gestaffelten Fristen: Bereits die EU-Richtlinie 2016/2102 hat mehrere Stichtage für die barrierefreie Gestaltung von Websites und Apps gesetzt, da die Richtlinie auch rückwirkend gilt:

  • Neue Inhalte auf Websites, die seit 22.12.2016 veröffentlicht wurden, mussten binnen 21 Monaten barrierefrei entsprechend der Richtlinie sein. Hier war der Stichtag der 23.09.2018, also schon vor zwei Jahren. Websites, die erst nach diesem Stichtag erstmals veröffentlicht wurden, müssen die Erklärung zur Barrierefreiheit bereits seit dem 23.09.2019 enthalten.
  • Alte Inhalte, die vor Inkrafttreten der Richtlinie veröffentlicht wurden, mussten bzw. müssen binnen 45 Monaten angepasst werden. Hier ist der Stichtag der 23.09.2020, weshalb eine betroffene Website spätestens auch zu diesem Datum die Barrierefreiheitserklärung haben muss.
  • Mobil-Apps müssen binnen 54 Monaten die Kriterien des European Accessibility Act erfüllen. Hier läuft die Frist noch bis zum 23.06.2021. Zu diesem Datum muss dann auch die Erklärung zur Barrierefreiheit in der App erscheinen.

Was ist die Erklärung zur Barrierefreiheit?

Die Erklärung zur Barrierefreiheit dokumentiert öffentlich, wie barrierefrei eine Website oder App ist – und auch, wo es in dieser Hinsicht noch Defizite gibt. Dabei muss sie nicht nur aufführen, welche Inhalte noch nicht vollständig barrierefrei sind, sondern auch die Gründe dafür nennen. Sofern barrierefrei gestaltete inhaltliche Alternativen existieren, müssen sie hier aufgeführt werden. Die Erklärung darf sich nicht im Kleingedruckten verstecken: Sie muss wie Impressum und Datenschutzerklärung von jeder Seite der Website direkt erreichbar sein. Für eine App muss die Erklärung auf der Downloadseite oder auf der Website des Anbieters verlinkt sein.

Die Barrierefreiheitserklärung muss aktuell sein. Deshalb ist sie bei jeder wesentlichen Änderung der Website oder der App, mindestens aber jährlich zu aktualisieren und muss den tatsächlichen Status widerspiegeln. Außerdem ist anzugeben, ob die Einhaltung der Standards zur barrierefreien Gestaltung durch einen externen Anbieter geprüft oder selbst bewertet wurden.

Zwingend vorgeschrieben ist in jedem Fall eine Feedback-Möglichkeit, mit der Nutzer Mängel in der Barrierefreiheit melden können. Auf Websites muss diese ebenfalls von jeder Seite aus direkt erreichbar sein, in Apps muss sie in der Navigation auftauchen. Natürlich muss auch diese Feedback-Möglichkeit barrierefrei sein – und hier reicht nicht die grundlegende Barrierefreiheit entsprechend Level AA der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1/, sondern es müssen die Anforderungen des Levels AAA erfüllt sein.

Ebenfalls verpflichtend ist ein Link zur Schlichtungsstelle nach § 16 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG).

Wer muss welche Maßnahmen zur Barrierefreiheit umsetzen?

Eine Barrierefreiheitserklärung entbindet nicht von der Einhaltung der Richtlinien – wer seine Website oder App immer noch nicht oder noch nicht vollständig barrierefrei gestaltet hat, muss dies so schnell wie möglich nachholen und die Barrierefreiheit auf Dauer sicherstellen. Herausmogeln kann man sich als „öffentliche Stelle“ nicht – die Vorgaben sind in dieser Hinsicht sehr ausführlich.

Update 08.08.2023: Die folgend zitierte Bayerische E-Government-Verordnung (BayEGovV) wurde zum 01.08.2023 durch die Bayerische Digitalverordnung (BayDiV) ersetzt. Die Regelungen zur Barrierefreiheit von Websites sind weitgehend deckungsgleich, jedoch an anderer Stelle zu finden. Aus Transparenzgründen sind hier alte und neue Regelung parallel zitiert, Abweichungen zwischen alter und neuer Version durch Streichungen markiert. Gestrichene Passagen entsprechen der alten Verordnung.

In Bayern etwa war bis 31.07.2023 ist die Verordnung über die elektronische Verwaltung und die barrierefreie Informationstechnik (Bayerische E-Government-Verordnung – BayEGovV) maßgeblich, inzwischen die Verordnung über die Digitalisierung im Freistaat Bayern (Bayerische Digitalverordnung – BayDiV). Hier heißt es in § 1, Abs. 1 § 9, Abs. 1:

„(1) 1Die in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes (BayBGG) umschriebenen Angebote der Informationstechnik sind so zu gestalten, dass sie die in § 3 Abs. 1 der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) aufgeführten Anforderungen und Bedingungen erfüllen. 2§ 3 Abs. 2 bis 4 BITV 2.0 gilt entsprechend. 3Für Websites und mobile Anwendungen im Sinne des Art. 1 der Richtlinie (EU) 2016/2102 öffentlicher Stellen im Sinne des Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie (EU) 2016/2102 gilt Satz 1 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.“

Artikel 14 BayBGG, auf den sich dieser Absatz bezieht, verweist zur Frage, was denn nun außer den „Trägern öffentlicher Gewalt“ noch „öffentliche Stellen“ sind, auf die Barrierefreiheits-Richtlinie der EU.

Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2016/2102 bezeichnet der Begriff „öffentliche Stellen“ wiederum

„den Staat, die Gebietskörperschaften, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Sinne der Definition in Artikel 2 Absatz 1 Nummer 4 der Richtlinie 2014/24/EU oder Verbände, die aus einer oder mehreren solcher Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen, sofern diese Verbände zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen;“

Der hier zitierte Absatz aus der Richtlinie 2014/24/EU definiert als „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“:

Einrichtungen mit sämtlichen der folgenden Merkmale:

  1. Sie wurden zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,
  2. sie besitzen Rechtspersönlichkeit und
  3. sie werden überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert oder unterstehen hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht dieser Gebietskörperschaften oder Einrichtungen, oder sie haben ein Verwaltungs-, Leitungs- beziehungsweise Aufsichtsorgan, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind;“

Nach deutschem Recht erfassen die Begriffe „Gebietskörperschaft“ und „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ Bund, Länder und Kommunen, außerdem (z. T. landesabhängig) auch Verwaltungsgemeinschaften, Kommunalverbände etc.

Damit müssen alle Auftritte und mobilen Anwendungen von Behörden und öffentlichen Einrichtungen auf Bundes- und Landesebene bis hinunter zu Landkreisen, Städten und Gemeinden barrierefrei gestaltet werden. Unterschiede gibt es nur in einigen Bereichen – so müssen Kommunen und Landkreise derzeit noch keine Informationen in Deutscher Gebärdensprache oder Leichter Sprache bereitstellen.

Welche Probleme tauchen auf?

Viele Grundlagen der barrierefreien Aufbereitung von Inhalten decken sich mit Anforderungen an die Suchmaschinenoptimierung (SEO). Für darüber hinaus gehende Anforderungen existieren Pflege- und Prüftools, die eine WCAG-konforme Darstellung von Inhalten im Web unterstützen. Ein mit einem modernen Content Management System (CMS) umgesetzter Webauftritt sollte – basierend auf einem sauberen Entwurf – deshalb keine großen Probleme haben, die Richtlinien zur barrierefreien Gestaltung zu erfüllen.

Natürlich kann eine Website technisch veraltet sein und muss dann modernisiert oder auf ein zeitgemäßes CMS upgedatet werden. Doch das eigentliche Problem gerade bei Online-Auftritten öffentlicher Stellen ist nicht die Technik, sondern die Inhaltspflege. Sehr oft werden Inhalte nicht sauber strukturiert und die vorhandenen Werkzeuge des CMS nicht oder nicht korrekt genutzt.

Eine Ursache sind etablierte Arbeitsabläufe – schon im normalen Büroalltag werden etwa beim Erstellen von Dokumenten in Office-Anwendungen keine Formatvorlagen für die Strukturierung eingesetzt, sondern zum Beispiel Überschriften nur per Schriftgröße und Schriftfarbe simuliert. Damit alles auf dem Papier schön ordentlich aussieht, werden Absätze und Bilder in Tabellen festgezurrt etc.

Sind Anwender hier schon nicht sensibilisiert dafür, worauf es ankommt, verschärft sich das Problem durch unterschiedliche Verantwortlichkeiten und allgemeinen Zeitmangel. Nicht zuletzt deshalb ist es in sehr vielen öffentlichen Stellen gängige Praxis, wichtige Informationen einfach als PDF- oder sogar nur als Word-Dokument auf die Website zu stellen, statt sie als HTML-Seite aufzubereiten.

Abgesehen davon, dass dies dem Gedanken der barrierefreien Gestaltung grundsätzlich zuwiderläuft, sind diese Dokumente auch noch in der Regel nicht einmal unter Minimalanforderungen semantisch strukturiert und damit für Nutzer mit Behinderungen nicht erfassbar. Verschärft wird das Problem durch Verwaltungsprogramme, die versprechen, solche Dokumente auf Knopfdruck als „Bürgerinformationssystem“ online zu stellen, ohne auch nur elementare Barrierefreiheits-Anforderungen erfüllen zu können. Da viele Landkreise, Städte und Gemeinden sich in den vergangenen Jahren nur ungenügend auf die aktuellen Vorgaben vorbereitet haben, herrscht hier ein enormer Nachholbedarf.

Auctores kann Website-Betreiber auf dem Weg zur Barrierefreiheit durch Redesign und Relaunch von Websites unterstützen, aber auch mit Workshops und Schulungen für Konzeption und Erstellen barrierefreier Inhalte unter Beachtung von Usability- und Accessibility-Richtlinien.

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