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Digitale Barrierefreiheit: Pflichten, Übergangsfristen und Empfehlungen

Die Uhr tickt - aber auch nach dem Stichtag ist noch Zeit, um Barrierefreiheit herzustellen - Bild: Intpro/Adobe Stock

Digitale Barrierefreiheit: Pflichten, Übergangsfristen und Empfehlungen

Darauf müssen Unternehmen bei Angeboten für Verbraucher achten

Ab dem 28. Juni 2025 müssen Unternehmen bei digitalen B2C-Angeboten die Vorgaben des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) einhalten. Websites, Shops, Intranet, Apps und sonstige Anwendungen mit grafischen Oberflächen müssen barrierefrei nutzbar sein. Ab dem Stichtag laufen noch Übergangsfristen bis 2030 – aber Achtung: Diese gelten nur unter engen Voraussetzungen.

Richtlinie für die Umsetzung der neuen Vorschriften ist die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV). So regelt § 12 Nr. 3 BFSGV, dass diese Angebote auf konsistente und angemessene Weise wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden. Definiert sind diese Begriffe in der Norm EN 301 541.

Wer ist zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet?

Das BFSG enthält eine abschließende Liste mit Produkten und Dienstleistungen, die den Vorschriften unterliegen. Demnach sind Unternehmen zur Barrierefreiheit verpflichtet, die entsprechende Produkte oder Dienstleistungen für Endkunden anbieten. Ausgenommen sind nur Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten und weniger als 10 Mitarbeiter oder unter 2 Mio. € Jahresumsatz haben.

Aber auch Unternehmen, deren Angebote nicht in diese Kategorien fallen, sind meist zur Barriere­freiheit verpflichtet. Das entscheidende Kriterium ist „elektronischer Geschäftsverkehr“: Darunter fällt neben Online-Shops alles, was in irgendeiner Form einer Vertragsanbahnung dient, etwa ein Kontaktformular zur Terminvereinbarung oder Tischreservierung oder eine Händlersuche. Auch ein Karrierebereich mit der Möglichkeit, sich online zu bewerben, muss barrierefrei sein – denn ein Arbeitsvertrag ist mit einem B2C-Vertrag zu vergleichen.

Was droht bei Verstößen?

Wird eine Website oder App aufgrund von Beschwerden überprüft und entspricht nicht den Anforderungen der EN 301 549, fordert die zuständige Marktüberwachungsbehörde zunächst zur Nachbesserung auf. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 100.000 € in schweren Fällen – und immerhin bis zu 10.000 € bei leichteren Verstößen.

Darüber hinaus können Mitbewerber Barrierefreiheitsmängel als Wettbewerbsverstoß abmahnen. Auch Behinderten- und Verbraucherverbände haben ein Klagerecht. Zudem können direkt Betroffene selbst klagen, wenn sie ein Angebot nicht nutzen können und Betreiber keine Abhilfe schaffen.

Übergangsfristen und Ausnahmen

Auch wenn eine Website oder App zum Stichtag 28. Juni 2025 barrierefrei sein sollte, gewährt der Ge­setzgeber Übergangsfristen von bis zu fünf Jahren. Diese sind jedoch an bestimmte Voraussetzungen gebunden. So können laut § 38 BFSG Dienstleistungen bis zum 27.06.2030 unverändert angeboten werden, wenn die Produkte bereits vor dem Stichtag eingesetzt wurden oder Verträge erst nach dem Stichtag auslaufen.

Ausnahmen sind möglich, wenn das Einhalten der BFSGV eine „unverhältnismäßige Belastung“ für den Anbieter bedeutet. Das ist jedoch kein Freibrief für das Ignorieren der Verordnung – die Anlage 4 des BFSG setzt hier enge Grenzen. Zudem müssen Unternehmen die Ausnahmegründe der Marktüberwachungsbehörde melden und eine regelmäßige Neubeurteilung vornehmen.

Empfehlungen

Unabhängig vom BFSG ist eine barrierefreie Website nicht nur eine Imagefrage: Sie ist dadurch insgesamt kundenfreundlicher, für Suchmaschinen besser indexierbar und einfacher wartbar. Zudem ist mit einer Verschärfung der Vorgaben in den kommenden Jahren zu rechnen. Deshalb sollte jeder Betreiber darauf hinarbeiten, sein Angebot so schnell wie möglich barrierefrei zu machen.

Wird die Barrierefreiheit bis zum Stichtag nicht erreicht, sollte der Stand übersichtlich dokumentiert werden, ebenso das Bemühen um Verbesserung, um Abmahnern den Wind aus den Segeln zu nehmen: Dazu kann auf einer Seite zusammengefasst werden, was bereits barrierefrei ist, was noch nicht, und welche Maßnahmen zum Beheben von Barrieren bis wann geplant sind. Empfehlenswert ist außerdem ein Formular oder mindestens eine Kontaktadresse zum Melden von Barrieren. Auch wenn hier für gewerbliche Angebote bisher keine formalen Vorgaben existieren, können die Barrierefreiheitserklärungen als Orientierungshilfe dienen, zu denen öffentliche Stellen seit geraumer Zeit verpflichtet sind.

Dabei ist zu beachten, dass das BFSG in seiner Anlage 3 Informationspflichten über Dienstleistungen definiert, die den Barrierefreiheitsanforderungen entsprechen. Demnach müssen Dienstleistungserbringer „in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder auf andere deutlich wahrnehmbare Weise“ angeben, wie sie die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen. Dies umfasst

  • eine allgemeine Beschreibung der Dienstleistung in einem barrierefreien Format;
  • Beschreibungen und Erläuterungen, die zum Verständnis der Durchführung der Dienstleistung erforderlich sind;
  • eine Beschreibung, wie die Dienstleistung die einschlägigen in der Rechtsverordnung aufgeführten Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt;
  • die Angabe der zuständigen Marktüberwachungsbehörde.

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